Die Bedeutung von Liberalisierungs- und Regulierungsstrategien für die Entwicklung des Eisenbahn-personenfernverkehrs in Deutschland, Großbritannien und Schweden (Nr. 362) © Photo Credit: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Die Bedeutung von Liberalisierungs- und Regulierungsstrategien für die Entwicklung des Eisenbahn-personenfernverkehrs in Deutschland, Großbritannien und Schweden (Nr. 362)

Die Bedeutung von Liberalisierungs- und Regulierungsstrategien für die Entwicklung des Eisenbahnpersonenfernverkehrs in Deutschland, Großbritannien und Schweden.

Zusammenfassung

Im deutschen Eisenbahnpersonenfernverkehrsmarkt sind die Verkehrs- und Betriebsleistung seit der Bahnreform fast unverändert geblieben, der Marktanteil neuer Wettbewerber stagniert bei deutlich unter 1 %, und viele Eintrittsversuche von alternativen Anbietern waren allenfalls kurzfristig erfolgreich. Vor diesem Hintergrund verfolgt dieser Diskussionsbeitrag das Ziel, in einer vergleichenden Analyse der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen sowie der Marktgegebenheiten für Deutschland, Großbritannien und Schweden diejenigen Faktoren zu identifizieren, die die Wettbewerbsintensität des Fernverkehrsmarktes besonders beeinflussen. Die Untersuchungsergebnisse dienen dann als Grundlage für die Formulierung geeigneter Reformmaßnahmen.

Während der Wettbewerb im Hochgeschwindigkeitssegment bei positiver Marktentwicklung gering bleiben wird, ist beim konventionellen Personenfernverkehr bei leicht rückläufiger Nachfrage mit Marktzutritten auf lukrativen Einzelstrecken zu rechnen. Neue Anbieter bemühen sich, Passagiere durch eine höhere Servicequalität und niedrige Fahrpreise vom Incumbent abzuwerben. Im interregionalen Fernverkehr sind Wachstum und nennenswerter Wettbewerb nur zu erwarten, wenn defizitäre Strecken ausgeschrieben werden. 

Als markante Marktzugangsschranken zu identifizieren sind in allen Staaten ein Mangel an lukrativen Trassen auf aufkommensstarken Strecken, die schlechte Verfügbarkeit von Fahrzeugen, der intermodale Wettbewerb in Verbindung mit unzureichend harmonisierten Wettbewerbsbedingungen sowie die Existenz von Größen-, Verbund- und First-Mover-Vorteilen der Incumbents. In Deutschland sehen Neueinsteiger auch die Ausgestaltung des Trassenvergabeverfahrens, die Anforderungen an die Beantragung von Rahmenverträgen und bestimmte Elemente des Bahnstrompreissystems als Probleme an. In Großbritannien und Schweden werden die Beschränkungen für Open-Access-Verkehre und Unzulänglichkeiten im Design der Ausschreibungsverfahren beklagt.

Entscheidende Determinante für einen Zutritt zum Eisenbahnpersonenfernverkehrsmarkt ist die Rentabilität des geplanten Angebots. Eine Ausschreibung nicht kostendeckend zu betreibender interregionaler Fernverkehrsstrecken könnte auch in Deutschland die Wettbewerbsintensität erheblich steigern. Notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen für mehr Wettbewerb sind die Beseitigung von Zutrittsbeschränkungen für Open-Access-Verkehre sowie eine eigentumsrechtliche Entflechtung und/oder die Ausstattung der Regulierungsbehörde mit umfassenderen Zuständigkeiten und Befugnissen, vor allem im Bereich der Infrastrukturzugangs- und -entgeltregulierung. Ausreichende Kapazitäten bei der konventionellen Schienenwegeinfrastruktur und die Verfügbarkeit kostengünstiger Fahrzeuge können den Marktzugang alternativer Anbieter zusätzlich fördern. Deshalb sollten Erweiterungs- und Ersatzinvestitionen in hochbelastete konventionelle Schienenwege und Knotenpunkte stärker priorisiert sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Fahrzeugmärkte ergriffen werden.

Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.

Autoren

  • Gernot Müller